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Albanien: Fit für eine europäische Zukunft? 531o4c

Albanien: Fit für eine europäische Zukunft? | Bild: SWR

Arjeta Puca startet durch. Die 38-jährige Unternehmerin hat mit ihrer Firma innerhalb von drei Monaten den Prototyp für ein gepanzertes Fahrzeug bauen lassen, das künftig auch in die Ukraine exportiert werden soll. Dynamisch, schnell und unternehmerisch. So ist das herkömmliche Bild von Albanien nicht. Am Sonntag wird gewählt. Der Langzeitpremier Edi Rama hat gute Chancen auf eine vierte Amtszeit. Und er will, dass sein Land bis 2030 in die EU aufgenommen wird. Ramas Ziel ist es, den Westbalkanstaat wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu machen und sein Land in krisenhaften Zeiten aufzurüsten. Das NATO-Land investiert bereits jetzt zwei Prozent seines BIP in die Landesverteidigung und baut einen Luftwaffenstützpunkt für die NATO aus. Eine rasante Entwicklung in einem Land, das bis vor 35 Jahren vom Rest der Welt abgeschnitten war wie Nordkorea. 3q6o50

Mit Innovationen in Richtung EU 67685e

Dieses Fahrzeug ist ihr ganzer Stolz. Ingenieurin Arjeta Puca ist 38 Jahre alt, den vollgepanzerten Wagen für Kriegs- und Krisengebiete hat sie selbst in nur drei Monaten entwickelt. "Das ist Shota". "Shota" – nach dem Namen einer albanischen Kriegerin. Aus einem Ford Pick-Up entsteht in Arjetas Fabrik nach vielen Umbauten der Acht-Tonner, das erste in Albanien gefertigte Militärfahrzeug. Noch ist Shota ein Prototyp. "Ich erinnere mich, dass das Team, als wir fertig waren, draußen saß und wir haben acht Stunden lang am Stück das Fahrzeug einfach nur angeschaut – es ist ein unbeschreibliches Gefühl."

Unternehmerin Arjeta Puca vor einem gepanzerten Fahrzeug
Arjeta Puca baut das erste Militärfahrzeug Albaniens | Bild: SWR

Arjeta Puca durfte ihr Fahrzeug auf der Waffenmesse in Paris vorstellen, ein erster Schritt hin zur internationalen Vermarktung. Doch die ist nicht immer leicht, denn noch ist Albanien nicht Teil der EU. "Es gibt viele Gelder und Projekte durch die Europäische Union. Zu manchen haben wir im Moment gar keinen Zugang. Deshalb ist der EU-Beitritt wichtig, damit wir mehr produzieren können." Ihr großer Plan: "Shota" auch in die Ukraine exportieren. Verteidigungstechnik "Made in Albania", ein neuer Geschäftszweig. Puca ist Vorreitern, auch was die Firmenphilosophie angeht. In ihrem Betrieb arbeiten 70% Frauen. "Für viele ist das erstaunlich. Am Anfang war es ungewohnt, die Leute haben bei technischen Fragen immer nach Männern gefragt; aber inzwischen kennen sie uns und fragen auch die Mädchen."

NATO-Bündnis statt Abschottung 1d1v5j

Ministerpräsident Edi Rama
Ministerpräsident Edi Rama | Bild: SWR

Für die eher männlich dominierte Gesellschaft in Albanien ist das eine Neuheit, doch gerade ist vieles im Wandel. Die Hauptstadt Tirana boomt. Auch ein Verdienst von ihm: Ministerpräsident Edi Rama, seit 12 Jahren im Amt. Rama ist Ex-Basketballspieler und Künstler. Er verändert das Gesicht der Stadt, macht sie moderner, bunter. Während ihm seine Gegner autoritäre Züge und Korruption vorwerfen, hat er ambitionierte Pläne, will das Land voranbringen und verspricht seinen Bürgern einen EU- im Jahr 2030. Hier kommt das gut an. Die Zustimmung zur EU in Albanien liegt bei einem Rekordwert von über 90%. "Ich hoffe wir werden auch bald die Möglichkeit haben, Europäer zu sein, so wie du! Wir haben das als Ziel, deshalb bleiben wir auf dem Weg und sind effektiver", sagt ein Mann in einer Bar. Eine junge Frau meint: "Es ist natürlich unser Traum; wir geben hoffentlich unser bestes, um Teil der EU zu werden; wir bemühen uns wirklich sehr." Bar-Manager Flavio findet, das Land müsse mit der Korruption aufräumen, aber man sei auf einem guten Weg. "Wir hatten mehr als 50 Jahre lang Kommunismus und erst seit 35 Jahren Demokratie. Wir leisten hier wirklich viel."

Black Hawk Hubschrauber
Albanien modernisiert seine Armee  | Bild: SWR

Die Spuren der Vergangenheit sieht man immer noch im ganzen Land. Jahrzehntelang war Albanien unter Diktator Enver Hoxa abgeschottet von der Außenwelt, die Bevölkerung eingesperrt wie in Nordkorea. Hoxa überzog das Land aus Paranoia vor einem Angriff mit zehntausenden kleinen Bunkern. Heute, nur 35 Jahre später, hat sich das Bild komplett gewandelt. Albanien ist Teil des westlichen Verteidigungsbündnisses, der NATO. Auf dem neu umgebauten Luftwaffenstützpunkt Kucova, südlich von Tirana, treffen wir den Chef der Armee, der extra mit dem Black Hawk zum Interview angereist ist. Stolz zeigt er uns die neuen Bayraktar Kampf- und Aufklärungsdrohnen. Täglich trainieren Soldaten hier, um die Drohnen fliegen und steuern zu können. "Krisen sind keine Illusion mehr, Krisen sind real", sagt Arben Kingji. "Europa ist von Krisen betroffen und darauf müssen wir reagieren. Es gibt ja nicht nur Kriege, sondern auch andere Krisen, denen wir uns stellen müssen. Deshalb konzentrieren wir uns jetzt darauf, unsere Streitkräfte auszubauen.

Aufbruchsstimmung im Land 2d1yz

Mehr Streitkräfte, eine eigene Rüstungsindustrie – das ist das neue Ziel der Regierung. Diese alte Sowjet-Basis wurde für 50 Millionen Euro modernisiert und auf NATO-Standard gebracht. Denn Albanien liegt strategisch gut für die Partner, auf dem Weg in den Nahen Osten und außerhalb des russischen Raketenradius. Ministerpräsident Rama kündigt staatliche Unterstützung für Firmen an, die Militärausrüstung herstellen – eine davon ist die von Arjeta Puca.

Skyline Tirana
Tirana boomt  | Bild: SWR

"Sie glauben es nicht, sie haben einen Mann mit tiefer Stimme erwartet…" kündigt Edi Rama die Unternehmerin an. "Arjetas Unternehmen produziert bereits, hat Krankenwagen in die Ukraine geschickt, Feuerwehrautos ins Ausland geliefert, wir meinen das ernst." Nach ihrem Ingenieursstudium im Ausland wusste Arjeta immer, dass sie zurück will nach Albanien. Die Wirtschaft wächst um vier Prozent, im Land herrsche Aufbruch sagt sie. Nach dem Dienst gönnt sie sich einen Espresso mit ihrer Schwester in der Innenstadt. "Ich will eine der Pionierinnen sein in der Industrie. Um ehrlich zu sein bin ich so happy, dass ich zurückgekommen bin nach Albanien. Es ist ein Land voller Möglichkeiten und es wird jeden Tag besser." Dann muss sie los. In zwei Stunden geht ihr Flieger nach Israel, das Geschäft ruft.

Autorin: Anna Tillack, ARD-Studio Wien

Stand: 12.05.2025 17:35 Uhr

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